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Was ist Nierenkrebs?
Das Nierenzellkarzinom, manchmal auch Hypernephrom bezeichnet, stellt neben dem Urothelcarcinom (ca. 10%) und dem noch selteneren Lymphom und dem Sarkom mit 90% die häufigste bösartige Erkrankung der Nieren dar.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Mit etwa 15 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr liegt das Nierenzellkarzinom an der dritten Stelle der urologischen Krebserkrankungen (hinter dem Prostata- und dem Blasenkrebs). Männer sind mit 65% häufiger betroffen, als Frauen. Das typische Alter bei Diagnosestellung liegt bei etwas 65 Jahren. (STATISTIK AUSTRIA, Österreichisches Krebsregister [Stand 19.01.2022] und Todesursachenstatistik)
Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehört das Rauchen mit einer Risikoerhöhung an Nierenkrebs zu erkranken von bis zu 54% bei Männern und bis zu 22% bei Frauen. Selbst Ex-Raucher haben noch ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Auch konnten Studien eine Dosis-Wirkungsbeziehung nachweisen, das bedeutet dass es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl an konsumierten Zigaretten und der daraus resultierten Risikoerhöhung gibt.
Ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung von Nierenzellkrebs ist das Übergewicht. Liegt der BMI (body mass index) um nur 5 kg/m² über dem Normwert, so steigt das Risiko zu erkranken bereits um 24% bei Männern und um 34% bei Frauen. Umgekehrt konnte gezeigt werden, dass regelmäßige körperliche Aktivität und ein damit verbunden normaler BMI das Erkrankungsrisiko senken kann.
Bluthochdruck wird immer wieder im Zusammenhang mit Nierenzellkrebs genannt. Dabei ist wohl eine unbehandelte Erkrankung mit regelmäßig gemessenen, erhöhten Blutdruckwerten mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden.
Eine wohl seltene, jedoch sehr wichtige Genetische Erkrankung stellt das Von Hippel-Lindau-Syndrom dar. Dieser Gendefekt ist mit einem Risiko von bis zu 70% bis zum 60. Lebensjahr an Nierenzellkrebs zu erkranken verbunden, dabei liegt der Altersgipfel bei bereits 37 Jahren! Häufig weisen diese Patienten auch mehrere Zysten in beiden Nieren auf, wodurch die Diagnose einer tumorösen Veränderung erschwert werden kann. (S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms)
Symptome und Diagnose von Nierenkrebs
Anzeichen und Symptome
In den meisten Fällen (>50%) werden Tumore in der Niere zufällig entdeckt, da sie üblicherweise keine Beschwerden verursachen. Typische klinische Anzeichen, wie Schmerzen in der Flanke, eine tastbare Vorwölbung in diesem Bereich oder auch sichtbares Blut im Harn treten oft erst bei größeren Tumoren auf. Zusätzlich können Müdigkeit oder Abgeschlagenheit auftreten, manchmal zeigt sich auch eine unerklärbare Gewichtsabnahme.
Wie wird Nierenkrebs erkannt?
Wie bereits erwähnt, wird die Diagnose häufig eher zufällig gestellt. Wobei meist im Rahmen eines bildgebenden Verfahrens, also z.B. einem Ultraschall (US), einer Computer Tomographie (CT) oder einer Magnetresonanz Tomographie (MRT) eine Veränderung an einer der beiden Nieren beschrieben wird. Wurde lediglich eine Ultraschall-Untersuchung gemacht, so wird zur weiteren Abklärung die Durchführung einer CT oder einer MRT mit Kontrastmittel empfohlen. Dabei kann die vermehrte Aufnahme des Kontrastmittels durch den Tumor zur Beurteilung herangezogen werden und der Radiologe diesen mit einer hohen Sicherheit als bös- oder gutartig einstufen. Dadurch ist die Diagnose einer Krebserkrankung zwar noch nicht gestellt, denn diese ist erst durch eine histologische, also mikroskopische-feingewebliche, Untersuchung möglich, jedoch kann dadurch eine weitere Abklärung bzw. Therapie eingeleitet werden.
Eine CT-gezielte Feinnadel-Biopsie, also eine Gewebeprobe der Nieren, wird dann empfohlen, wenn eine radiologische Einschätzung sehr schwierig erscheint und die Diagnose durch das Biopsat therapieentscheidend ist.
Klassifikation von Nierenkrebs
Entsprechend der TNM-Klassifikation werden Nierentumore nach Größe, Befall der Lyhmphknoten und dem Vorhandensein von Metastasen, also Absiedelungen in anderen Organen (z.B. Lunge oder Knochen) eingeteilt. Tumore bis zu einer Größe von 4cm im Durchmesser werden als T1a bezeichnet, bis 7cm spricht man von T1b und über 7cm werden als T2 klassifiziert. Diese Einteilung kann bereits radiologisch erfolgen, sodass die entsprechende Behandlung empfohlen werden kann. (Onkopedia Nierenzellkarzinom)
Behandlungsmethoden von Nierenkrebs
Chirurgische Therapie
Nach der primären diagnostischen Abklärung sollte dem Patienten je nach Größe und Lage des Tumors grundsätzlich eine sogenannte organerhaltende Nierentumorresektion angeboten werden. Das bedeutet, dass der Tumor aus der gesunden Niere „herausgeschnitten“ wird und die Niere damit erhalten werden kann. Dieses Verfahren kann vor allem bei kleineren Gewächsen, also vorwiegend T1a oder selten auch T1b, angeboten werden. Hier kann der Heilungsverlauf durch eine minimal-invasive Operationstechnik (d.h. Laparoskopie = Bauchspiegelung) nach dem Eingriff beschleunigt und begünstigt werden. Das robotisch-assistierte Operationsverfahren, welches mit dem DaVinci-System durchgeführt wird, hat sich in der Vergangenheit als onkologisch sicher erwiesen und hat vor allem bei der Enukleation, also dem Herausschneiden eines Tumors, große Vorteile gezeigt.
Liegt der Tumor sehr zentral oder ist er schlichtweg zu groß, um die Niere zu erhalten, so ist die vollständige Entfernung der Niere zu empfehlen. Dieser Eingriff sollte den Leitlinien entsprechend grundsätzlich mittels Bauchspiegelung, also minimal-invasiv laparoskopisch durchgeführt werden.
Bei sogenannten lokal-fortgeschrittenen Tumoren, also großen Tumor-Gewächsen mit einem Überschreiten der Organgrenzen ist oft die konventionelle offene Operation zu bevorzugen.
Als alternative Therapieoption hat sich in den letzten Jahren die sogenannte CT-gezielte Tumor-Ablation bewährt. Dabei kann der Tumor in der Niere durch eine Sonde entweder verkocht, dann spricht man von der Radio-Frequenz-Ablation oder vereist werden. Letzteres wird als Kryoablation bezeichnet. Beide Verfahren sind radiologisch interventionelle Methoden und werden daher von einem Radiologen unter CT-Kontrolle durchgeführt. Dabei wird immer eine Histologie, also eine Gewebeprobe entnommen. Diese beiden Verfahren eignen sich vor allem für kleinere Tumoren und für Patienten mit schweren Begleiterkrankungen, weshalb von einer Operation aufgrund eines erhöhten Komplikationsrisikos Abstand genommen werden muss.
Die Behandlung von Metastasen stellt ein große Herausforderung dar und muss interdisziplinär, d.h. gemeinsam mit Onkologen, Strahlentherapeuten, Radiologen oder Chirurgen anderer Fachrichtungen im Einzelfall besprochen werden. So kann z.B. eine einzelne Absiedelung eines Nierenzellkarzinoms in der Lunge durch einen erfahrenen Herz-Thorax Chirurgen entfernt werden oder eine Knochenmetastase durch einen Radioonkologen gezielt bestrahlt werden. Auf jedem Fall stellen diese Behandlungen eine symptomorientierte Maßnahme dar und können wohl zur Linderung von Beschwerden führen, jedoch die Erkrankung nicht mehr heilen.
Immuntherapie
In den letzten Jahren wurden neue Therapiekonzepte zur Behandlung von fortgeschrittenen, meist metastasierten Krebserkrankungen entwickelt. Hier gab es erfreulicherweise gerade in der Behandlung des Nierenzellkarzinoms bahnbrechende Erfolge. Dazu gehört zum Beispiel die Entwicklung sogenannter monoklonaler Antikörper, welche das körpereigene Immunsystem anregen sollen gegen den Tumor „vorzugehen“ bzw. den Tumor anzugreifen oder die sogenannten Inhibitoren, also Hemmstoffe, die gegen bestimmte - das Tumorwachstum anregende und fördernde - Substanzen im Körper gerichtet sind. Zahlreiche Studien zeigten, dass das krebsspezifische Überleben der Patienten im Vergleich zu den bisher gebräuchlichen Medikamenten eindeutig verlängert werden konnten. Häufig werden diese neuen Substanzen in verschieden Kombinationen verabreicht.
Somit wurden die Leitlinien zur Therapie des fortgeschrittenen und metastasierten Nierenzellkarzinoms in den letzten Jahren komplett überarbeitet.
Chemotherapie, Strahlentherapie
Die klassische Chemotherapie spielt tatsächlich in der Behandlung des Nierenzellkarzinoms keine Rolle und hat sich als wirkungslos erwiesen.
Die Strahlentherapie, auch Radiatio oder Irradiatio genannt, hat sich in der Behandlung des Nierenzellkrebs ebenso als wirkungslos erwiesen und wird daher in keinem Stadium für den eigentlichen Tumor in der Niere empfohlen. Sie stellt jedoch eine wichtige Therapieoption zur Behandlung von Metastasen v.a. im Knochen oder im Gehirn dar. (S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms)
Leben mit Nierenkrebs
Nachsorge
Nach erfolgreicher Operation kann eine Rehabilitation in einer speziell dafür eingerichteten Anstalt empfohlen werden. Der dafür erforderliche Antrag kann bereits während des stationären Aufenthaltes gestellt werden.
Wie bei allen Krebserkrankungen sollte auch eine Psychoonkologische Betreuung angeboten werden.
Je nach endgültigem histologischen Befund, also exakter Größe und Ausdehnung des Nierentumors sowie dem chirurgischen Schnittrand werden regelmäßige medizinische Kontrollen empfohlen. Dabei bespricht der betreuende Facharzt, welche Untersuchung zu welchem Zeitpunkt angezeigt sind. Neben regelmäßigen Blutuntersuchungen und dem US der Nieren sollten auch Kontrollen mittels CT (mit Kontrastmittel, s.o.) im Abstand von 6-12 Monaten durchgeführt werden.
Unterstützung und Selbsthilfe
Falls sie als betroffener Patient, als Familienmitglied einer/s Erkrankten oder als betreuende Person Hilfe im Alltag benötigen, erhalten Sie bei der Österreichischen Krebshilfe entsprechende Unterstützung.
Ernährung und Bewegung bei Nierenkrebs
Die Studienlage zum Thema Ernährung und Risiko an Nierenkrebs zu erkranken ist leider sehr schlecht. Es gibt daher keine klaren Empfehlungen, welche Nahrungsmittel das Risiko erhöhen oder im Gegenteil vermindern können.
Regelmäßige sportliche Aktivität und ein normales Körpergewicht wirken sich nachweislich positiv auf das Krebsrisiko aus.
Psychologische Unterstützung und Krankheitsverarbeitung
In Österreich gibt es mit der Österreichischen Krebshilfe eine sehr kompetente Anlaufstelle für Hilfesuchende. Hier finden Sie nicht nur Kontakt zu anderen Patienten, um sich über Erfahrungen auszutauschen, sondern auch professionelle psychoonkologische Unterstützung.
Forschung und neueste Entwicklungen
Forschungsdaten und klinische Studien
Die neuesten Klinischen Studien zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenkarzinoms haben dazu geführt, dass die internationalen Leitlinien völlig überarbeitet werden mussten. Hier konnten vor allem die Keynote 426 und die CheckMate9ER Studien die Wirksamkeit der neuentwickelten Medikamente eindrucksvoll zeigen. (Rini BI, Plimack ER, Stus V, Gafanov R, Hawkins R, Nosov D, et al. Pembrolizumab plus Axitinib versus Sunitinib for Advanced Renal-Cell Carcinoma. N Engl J Med. 2019;380:1116-1127) Choueiri T, Powles T, Burotto M, Escudier B, Bourlon M, Zurawski B, et al. Nivolumab plus Cabozantinib versus Sunitinib for Advanced Renal-Cell Carcinoma. N Engl J Med. 2021;384(9):829-841)
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Welche Risikofaktoren gibt es für Nierenkrebs?
Rauchen, Übergewicht und ein unbehandelter Bluthochdruck stellen die wichtigsten Risikofaktoren für Nierenkrebs dar.
Wie gut ist Nierenkrebs heilbar?
Prinzipiell ist Nierenkrebs abhängig vom Stadium sehr gut behandelbar. Da es sich häufig um einen Zufallsbefund handelt und die Therapie daher oftmals im Frühstadium erfolgen kann, sind fortgeschrittene und bereits metastasierte Krankheitsfälle sehr selten geworden.
Wie sieht der Alltag mit Nierenkrebs aus?
Bei kleineren Tumoren und nach erfolgreicher nierenerhaltenden Operation ist nicht mit einer Einschränkung im Alltag zu rechnen.
Bei größeren Tumoren und bei einer notwendigen Entfernung der tumortragenden Niere sollte man bei der Einnahme von Medikamenten darauf achten, dass viele Wirkstoffe auch eine potentiell nierenschädigende Nebenwirkung haben können. Dies trifft vor allem auf häufig verwendete Schmerzmittel zu (z.B. Diclofenac, Ibuprofen, u.a.). Daher sollten Sie immer darauf hinweisen, nur mehr eine Niere zu haben und auf jeden Fall Rücksprache mit Ihrem Hausarzt oder Urologen halten, falls Sie ein neues Medikament verschrieben bekommen.
Achten Sie generell auf eine täglich ausgewogenen und ausreichende Trinkmenge, um Ihre Nieren „bei Laune zu halten“.
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